Der Mensch, das Universum, die Religionen

EXOMETA oder Das Schweigen der Sterne

Geschrieben von Bernd am 26. November 2003 14:58:14:

Die Grundlagen meiner Weltanschauung in 23 Thesen

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Forumsteilnehmer/innen,

ich möchte mir in diesem Beitrag ein paar grundlegende Gedanken darüber machen in welcher Weise Menschen mit ihrer sozialen Umgebung bzw. dem Universum im weitesten Sinne in Verbindung stehen, weshalb das Wesen der meisten Religionen und Weltanschauungen in der Pflege von Heritagen besteht, warum das menschliche Bewußtsein große strukturelle Defizite aufweist, warum intelligente ausserirdische Zivilisationen - falls sie existieren - den Kontakt zur Menschheit besser meiden und weshalb aus der internen Struktur des menschlichen Bewußtseins die Irrsale unserer Existenz erwachsen. Ich beantworte selbstverständlich jede ernstgemeinte Kritik, möchte Sie aber darum bitten mir dafür etwas Zeit einzuräumen.

1. Die heutigen empirischen Wissenschaften entwerfen das objektivste und genaueste Bild des Universums, das bisher von Menschen entworfen wurde. Die empirischen Wissenschaften wurden erst möglich, nachdem sich mutige Persönlichkeiten auf den Weg machten, kulturell und religiös geprägte Vorstellungen vom Aufbau des Universums und der Ordnung in der Natur bzw. der menschlichen Gesellschaft in Frage zu stellen. Ein Wesenszug der Philosophie der empirischen Wissenschaften besteht darin, keine apodiktischen Urteile zu fällen, sondern Annahmen (Arbeitshypothesen) zu machen, die jederzeit falsifiziert, verifiziert oder ausgebessert werden können.

2. Das Universum ist vor ca. 13 Milliarden Jahren aus einer Singularität (d.h. einem Zustand, in dem die bekannten Naturgesetze nicht gelten) entstanden und ist für menschliche Verhältnisse räumlich und zeitlich schier unermeßlich groß (siehe Punkt 7.). Die gesamte Entwicklungsgeschichte der Menschheit (von den ersten Hominiden bis zum heutigen Menschen) vollzog sich in einem Bruchteil dieser Zeit. Im Universum bauen alle Seinszustände auf dem Gesetz der Kausalität auf, solange sie nicht auf Singularitäten beruhen (wie z.B. schwarze und weiße Löcher). Paralleluniversen sind nicht auszuschließen. Das Alter des Universums läßt sich aufgrund der ubiquitär vorhandenen Mikrowellen-Hintergrundstrahlung (3° Kelvin-HGS) und der Rotverschiebung der Lichtspektren benachbarter Galaxien bestimmen (Doppler-Effekt).

3. Alle Vorgänge im Universum beruhen letztlich auf der Selbstorganisation des Universums. Auch die Existenz und die Struktur des menschlichen Bewußtseins sind ein Produkt dieser Selbstorganisation des Universums. Die Basis für alle Reaktionen und Vorgänge im Universum sind die Gesetze der Thermodynamik und damit besonders die Entropiezunahme des Gesamt-Universums in Richtung des sog. Zeitpfeils.

Seit dem Beginn des Universums stehen Raum, Zeit und Materie in einer engen Beziehung. Ohne die Gegenwart von Materie gäbe es das Raum-Zeit-Kontinuum nicht; die Materie krümmt den Raum und beeinflußt den Verlauf der Zeit. Die Existenz von komplexen Strukturen im Universum (z.B. biologische Systeme) basiert daher auf einer riesigen Zahl von absolut notwendigen Zusammenhängen, die alle im Urknall als Ursprung der Entfaltung des Universums ihre erste Begründung und Notwendigkeit haben. Auf der physikalischen Evolution des Universums basiert dessen kybernetische Evolution: die Struktur der Materie in unserem Teil des Universums, ermöglicht das Entstehen von komplexen organischen Strukturen und Geweben, die reizbar sind und individuell Informationen verarbeiten können.

Ich glaube daher nicht, daß unser menschliches Leben oder auch nur irgend ein unbedeutender Vorgang im Universum wirklich zufällig geschieht, sondern stets als komplizierte Produkte von Kausal-Zusammenhängen zu verstehen sind. Alle Erscheinungen und Vorkommnisse im Universum werden daher kausal determiniert. Aber die Funktionen nach denen sich dieser Determinismus vollzieht, sind für das menschliche Bewußtsein nicht immer wirklich nachvollziehbar, weil sie häufig multikausal bestimmt werden und wir in relativer Unkenntnis über die großen Zusammenhänge im Universum sind.

4. Menschen sind beseelte biokybernetische Maschinen mit eigenen Bewußtsein, die auf einem komplexen Stoffwechselgeschehen beruhen; sie können für begrenzte Dauer im Raum-Zeit-Kontinuum des Universums existieren. Die Eigenschaften der Struktur des menschlichen Bewußtseins (mnemonische, kognitive, sensitive etc.) sind im Verlauf der biologischen Evolution des Menschen entstanden. Sie sind an ein Leben auf der Erde optimiert. Die Größe und Komplexität des Universums übersteigt bei weitem die Kapazität der menschlichen Auffassungsgabe.

Die spezielle psychische Organisation eines menschlichen Bewußtseins wird individuell durch genetische, soziale und biologische Prägung erworben; dies ist ein (in erster Linie) unbewußt verlaufender progressiver Vorgang. Bei der sozialen Prägung entstehen aus frühen (juvinalen) Objektbeziehungen im adulten Alter schließlich Selbstbeziehungen. Kognitiv und emotional erworbene Selbstbeziehungen bilden damit die (unbewußte) soziale Basis jeder individuellen menschlichen Existenz.

Ohne eine auch nur ungefähre aber wahre Vorstellung davon wie das menschliche Bewußtsein entsteht, arbeitet und seine spezifischen Schwächen und Vorteile (also Qualitäten) liegen, sind wir seinen Eigenschaften blind ausgeliefert; denn diese Eigenschaften bilden sich in bestimmter Weise in unseren Anschauungen, Zielen, Wünschen, Empfindungen und Problemen ab. Denn unser Bewußtsein ist unser Fenster und Interface zum Universum.

5. Die gleiche Kausa oder Fügung, die Sterne, Galaxien und sonstige Strukturen für eine gewisse Zeit im Universum existieren läßt, bedingt die Existenz einer biologischen Evolution (und damit auch des Menschen) auf der Erde oder anderen Planeten. Wie deterministisch das Wirken dieser Fügung im Universum ist und ob ihr auch der sog. 'freie Wille' des Menschen unterworfen ist, ist eine schwierige Frage. Ich gehe heute davon aus, daß es den 'freien Willen' des Menschen im klassischen Sinne der Aufklärung nicht gibt: wir fällen unsere Entscheidungen und begehen unsere Handlungen aufgrund unserer geistigen, sozialen bzw. schicksalhaften Prägungen und den Selbstbeziehungen in uns.

Auch die rein physiologisch bedingten Eigenschaften des menschlichen Bewußtseins darf man nicht übersehen. So kann der Mandelkern (Amygdala) im Stammhirn, der ja beim Erlernen und Entstehen von Gefühlen in Hominiden eine entscheidende Bedeutung hat, durch Stresshormone teilweise oder ganz geschädigt werden (siehe PTSS). Und die Bedeutung von Testosteron beim Entstehen von aggressiven Verhaltensweisen z.B. in jungen Männern, dürfte ja allgemein bekannt sein; man nimmt daher an, daß junge männliche Populationen besonders aggressiv und eroberungsfreudig sind.

6. Der Mensch ist nicht das letzte Ziel und auch nicht der Zweck der biologischen Evolution auf der Erde, sondern nur eines ihrer vorläufigen Ergebnisse. Es besteht die Möglichkeit, daß die Menschheit eines Tages von der biologischen Evolution auf der Erde deletiert wird, weil ihr irrationales und ausbeuterisches Verhalten gegenüber anderen Lebensformen und ihr Raubbau an der Ökologie der Erde dazu führen könnten. Die Menschheit bedroht heute wie noch nie zuvor die irdische biologische Evolution aus der sie hervorgegangen ist und die ökologischen Systeme, die das Überleben ihrer Spezies überhaupt erst ermöglichen. Der Planet Erde ist mit seiner biologischen Evolution die er hervorgebracht hat, wie ein großer lebendiger Organismus zu betrachten, der auf unzähligen sensiblen Gleichgewichten beruht.

7. Im Universum gibt es höchstwahrscheinlich noch viele weitere (bio)kybernetische Evolutionen und damit auch intelligente Zivilisationen, die allerdings z.T. bereits zugrunde gegangen sind oder erst noch entstehen werden. Davon ist schon aufgrund der atemberaubenden Größe des bisher bekannten Universums auszugehen: unser Universum ist nach heutigen Erkenntnissen eine Kugel von ca. 70 Milliarden Lichtjahren Durchmesser, in der mindestens 70 Trillionen Sterne existieren.

Einige der Zivilisationen die unser Universum beherbergt, könnten in ihrer Entwicklung der menschlichen Zivilisation um Hunderttausende oder gar Milliarden Jahre voraus sein. Die meisten dieser Zivilisationen mögen durch die unermeßliche Größe des Universums (in Zeit und Raum) perfekt voneinander getrennt sein.

8. Ein großer Teil der geistigen Vorgänge in Menschen (Gedanken und Triebe) bleiben physiologisch bedingt unbewußt. Aufgrund dieser speziellen Gedächnisstruktur (mnemonischen Organisation) des menschlichen Bewußtseins, d.h. seiner Latenzeigenschaften, und einiger sich daraus ergebender Defizite (kognitive und emotionale, z.B. unbewußte Thanatos-Triebderivate), entstehen in den sozialen Gemeinschaften des Menschen sehr häufig schier unbeschreibliche Zustände der Irrationalität, der Willkür, der Kriminalität und des Unrechts.

Denn die interne Struktur des Gehirns einer Spezies hat einen entscheidenden Einfluß auf die Art und Weise, wie sie Vorgänge logisch verrechnet und bewertet. Daher hängen wichtige Eigenschaften eines denkenden Wesens zumindest mittelbar von dessen interner Gedächnisstruktur ab. Die Latenzeigenschaften des menschlichen Bewußtseins wurden von der Evolution wohl deshalb entwickelt, um ansonsten nicht zu verarbeitende Ereignisse und Emotionen verdrängen zu können. Sigmund Freud, der Begründer der Psychoanalyse, erkannte als erster diese wichtige Eigenschaft des menschlichen Bewußtseins.

9. Menschen sind keine vornehmlich rationalen Wesen, weil unbewußte Vorgänge ihr Verhalten entscheidend steuern und es ist ein großer Fehler zu glauben, sie seien es trotzdem. Ich habe Menschen kennengelernt, die - obgleich sie durchaus intelligent waren - ihren Verstand nur dazu einsetzten, ihre vorgefaßten und emotionalisierten Vorstellungen zu rationalisieren. Albert Einstein prägte einmal sinngemäß den Satz, daß es einfacher sei Atome zu spalten, als Vorurteile zu beseitigen. Die menschliche Existenz ist in erster Linie eine gefühlte und erst sekundär eine rationale.

10. In den sozialen Beziehungen zwischen Menschen spielen sehr häufig unbewußt vorhandene (latente) emotionale Reaktionen, Wertungen und Motive eine bedeutende Rolle. Und obwohl diese emotionalen Momente (Aversionen oder Sympathien) aufgrund der Gedächnisstruktur des menschlichen Bewußtseins häufig nicht bewußt wahrgenommen oder verstanden werden, ist ihre Bedeutung für das soziale Sein und die Beziehungen in den sozialen Gemeinschaften des Menschen überragend.

Diese Eigenschaft macht den homo sapiens zu einem schwer durchschaubaren und häufig irrationalen Wesen. Hierdurch führt die Struktur des menschlichen Bewußtseins mitunter zu dramatischen Eskapaden im humanen Sozialverhalten: man denke an soziale Katastrophen wie z.B. die Hexenverfolgung im Mittelalter, die ja hauptsächlich auf einem religiösen Beziehungswahn basierte. ('She was juged by prejudice and found guilty by association.')

11. Was für das einzelne Individuum gilt, trifft im allgemeinen auch auf die Eigenschaften menschlicher Gemeinschaften zu. Im Grunde ist die Menschheit eine Veranstaltung, bei der die Akteure nie wirklich genau wissen welche Motive und Triebe sie gerade bewegen. Ein Blick in die Geschichte der Menschheit lehrt, wie tölpelhaft selbst kultivierte Völker sich in Kriege und andere Formen der Fremd- und Selbstzerstörung verstrickten.

Die Plage destruktiver sozialer Gewalt und die Geißel des Krieges sind so alt wie die Menschheit selber und residieren tief im Unbewußten der Menschen. Formale Begründungen dafür weshalb sie existieren müssen finden sich immer; aber die eigentlichen Ursachen weshalb soziale Schichten, Stämme, Völker, Nationen, Kulturen oder sonstige Gemeinschaften die Geißel des Krieges und der sozialen Gewalt am Leben erhalten, bleiben ungeklärt.

12. Sigmund Freud nahm an, daß menschliche Individuen in besonderer Weise von starken Trieben aus dem Unbewußten (siehe Punkt 8.) heraus motiviert werden. Er entwickelte die Idee, daß die Triebe im menschlichen Bewußtsein in gegensätzlichen Paaren organisiert sind. Und so stellte er dem Lebenstrieb (Eros) einen Todestrieb (Thanatos) entgegen. Ich glaube auch, daß die Wurzeln menschlicher (Selbst-) Destruktion vornehmlich in unbewußten Motiven und Triebderivaten liegen. Dazu addiert sich der Kampf um das Dasein (die soziale Existenz), also das darwinistische Prinzip unserer animalen Herkunft, der sich u.a. im Wunsch die Welt zu erobern manifestiert.

13. Intelligente Zivilisationen im Universum, deren Bewußtsein über günstigere mnemonische bzw. emotional-kognitive Eigenschaften als das menschliche Gehirn verfügen, erreichen eine bessere und weniger leidvolle geschichtliche Performance als die Menschheit, weil ihre Bewußtseinslage vorteilhafter ist. Ihre soziale Existenz verläuft planvoller. Sie sind daher die eigentlichen Hochzivilisationen im Universum. Ich glaube nicht, daß sich die Defizite des menschlichen Bewußtseins durch Erziehung korrigieren lassen. Unsere Spezies wird wahrscheinlich für immer im Radius ihrer physiologisch und psychologisch bedingten kognitiven, mnemonischen und emotionalen Grenzen gefangen bleiben.

Ich könnte mir vorstellen, daß weit fortgeschrittene Hochzivilisationen im Universum die Menschheit sogar sehr genau kennen jedoch keinen Kontakt zu ihr wünschen (sie also meiden), weil die defizitäre geistige Konstitution des homo sapiens daraus nur Unheil entstehen ließe. Zudem ist die Kommunikation zwischen zwei entwicklungstechnisch weit voneinander getrennten Spezies immer sehr schwierig, wenn nicht gar unmöglich ('Es ist nicht leicht ein Gott zu sein').

Ich glaube nicht, daß die Menschheit jemals zu einer echten Hochzivilisation werden kann: hierfür wird die Architektur ihres Bewußtseins für noch zu lange Zeit defizitär bleiben und die Macht der unbewußten Thanatos-Triebderivate darin zu stark ausgeprägt. Sie könnte sich eines Tages aufgrund dieser Eigenschaften sogar selber zerstören.

14. Die freiste und höchste Organisationsform von Bewußtsein im Universum ist die in Form einer entkörperlichten Abstraktion, z.B. als mathematisches Konstrukt in einer Turing-Maschine. Ein solches Bewußtsein ist potentiell unsterblich, kann sich jederzeit beliebig konfigurieren bzw. transformieren und trägt nicht die leidvollen Eigenschaften eines neuronal erzeugten (biologischen) Bewußtseins. Solange ein Bewußtsein an zelluläre (neuronale) Gewebe gebunden ist, die sich nicht vollständig regenerieren können d.h. im Leben verschleißen, ist seine interne Struktur relativ starr und einem natürlichen (entropisch bedingten) Alterungsprozeß unterworfen.

15. Religionen oder Weltanschauungen die auf den Heritagen, der Egozentrik oder dem Narzißmus einer Gründergeneration, Kultur oder Person beruhen, sind abzulehnen. Sie entwickeln im Verlaufe ihrer Geschichte sehr häufig ein Eigenleben, das sie von der Gemeinschaft der Menschheit isoliert, von den Realitäten des menschlichen Lebens entfremdet und den Grundlagen einer objektivierten Wahrheitsfindung entfernt. Sie wirken damit wie Spaltpilze in Bezug auf die Einheit der menschlichen Zivilisation. Ihre eigentliche soziale Bedeutung besteht darin, all jenen die ihre (religiöse) Heritage erhalten und unterstützen, eine irgendwie privilegierte soziale Situation vor der übrigen Menschheit (den Ungläubigen) zu verschaffen. Heritagen führen daher zu Ungleichheiten unter den Menschen und realisieren sehr häufig das Unrecht des Geburtsrechts.

16. In Religionen und Weltanschauungen, die nicht auf einem objektivierten Wissen sondern auf den Heritagen von Gründergenerationen, Kulturen oder Personen beruhen, bildet sich in erster Linie das Ego und mitunter auch der Narzißmus ihrer Gründergenerationen und aktuellen Statthalter ab. Sie sind soziale Gebilde mit dem Ziel der Pflege ihrer Eigen-Art, also der Abgrenzung von der Allgemeinheit.

Religionen und Weltanschauungen, die in besonderer Weise auf Heritagen gründen sind z.B. die mosaischen Religionen. Beispiele für Religionen oder Weltanschauungen ohne oder mit nur geringen Heritage-Gehalten sind der Ur-Buddhismus und die Philosophie des Positivismus.

17. Die meisten heritagebasierten Religionen und Weltanschauungen bekämpfen sich untereinander. Schließlich - so die Vorstellung vieler ihrer Protagonisten - gäbe es nur eine Wahrheit und die werde vorzugsweise von der eigenen Anschauung oder dem eigenen Bekenntnis vertreten. Der Einfluß der Heritage im menschlichen Zivilisationsprozeß erzeugt damit einen Großteil des Unfriedens und der Gewalt in der Welt. Die entscheidenden Einflüsse...
der internen Struktur des menschlichen Bewußtseins,
von geprägten Selbstbeziehungen in Individuen,
von sozialen Heritagen,
auf die Ausbildung und Art von humanen Anschauungen/Beziehungen/Ordnungen wird von den Anhängern der meisten Religionen nicht erkannt oder sogar bewußt ignoriert.

18. Das Universum organisiert sich seit Anbeginn seiner Existenz von selbst. Ein planender Schöpfergott existiert nicht. Würde ein solches Wesen existieren, so müßte es die Theodizee in unserer Welt verantworten. Damit in Verbindung steht die Erkenntnis, daß das Universum keine Veranstaltung ist, die nur für die Menschheit aufgeführt wird. Wir Menschen sind nur eine winzige biologische Population auf einem ebenso winzigen Planeten: wir dürfen uns nicht zu wichtig nehmen.

Die Selbstorganisation des Universums kennt keine Moral und schickt uns auch keine moralischen oder ethischen Regeln, Gebote oder Botschaften. Die einzigen Regeln auf die sie besteht, sind die Gesetze der Thermodynamik und des Zeitpfeils.

Diese Erkenntnis hebt die Bedeutung von sozialen Normen und Regeln beim Zusammenleben von Menschen hervor. Ohne ein Mindestmaß an Höflichkeit und Toleranz (sozialen Normen) wird die Welt des Menschen zu einer gesetzlosen Anarchie, in der niemand für sein Verhalten Rechenschaft ablegen muß.

19. Im Universum existieren möglicher Weise abstrakte Wesen, die z.B. in Form eines Gebets angerufen werden können; ihr Einfluß auf die Geschicke der Menschen ist für gewöhnlich aber eher gering. Die Bedeutung der Selbstorganisation des Universums (Kausalketten !), die Gesetze der Wahrscheinlichkeit und der Logik, aber auch die speziellen Eigenschaften des menschlichen Bewußtseins und - schließlich - der aus dem Bewußtsein des Menschen hervorgehende Wille sind weitaus bedeutsamer.

20. Der Gott der monotheistischen Religionen ist meines Erachtens nicht der Schöpfer des Universums, sondern ein Schutzgeist (Genius) der religiösen oder kulturellen Gemeinschaften, die ihn anbeten. Über die Bedeutung und den Sinn von Schutzgeistern siehe Plutarch von Chäronea (46-120 n.Chr.) . Sollte hinter diesem Gott tatsächlich ein abstraktes Wesen existieren, so ist er selbst eine karmische Erscheinung, die in der Vorstellungswelt des Buddhismus einem Bodhisattva entspricht.

Ich habe in vielen Details erhebliche Bedenken gegenüber den Inhalten und den Aussagen der Offenbarungsreligionen. Sie weisen einen zu hohen Heritage-Gehalt auf, da sie letztlich auf den Aussagen von Propheten beruhen und entspringen einer unaufgeklärten Geisteshaltung. Alle monotheistischen Religionen erheben für ihren Gott den Anspruch, daß er der Schöpfer des Universums sei. Diese Vorstellung ist in erster Linie das Ergebnis des kognitiven Egozentrismus der Vertreter dieser Glaubensbekenntnisse.

Meines Erachtens beruhen die Offenbarungsreligionen in erster Linie auf Mythen, tradierten Formen, Heritagen und nicht überprüfbaren Vorkommnissen in der Vergangenheit. Ihre eigentliche Bedeutung besteht in Ihrer sozialen Funktion als Normengeber.

Sie sind auch heute noch die Basis für wirtschaftliche/kulturelle Interessenssphären, soziale Grenzen und eine häufig zumindest fragwürdige Moral. Ausserdem versuchen die meisten Offenbarungsreligionen, Menschen in möglichst jungen Jahren ihren Dogmen gemäß zu formatieren. Manche Menschen tragen aus dieser frühen geistig/sittlichen Formatierung erhebliche Schäden davon, die sie ihr ganzes Leben lang belasten werden. Ich bin deshalb davon überzeugt, daß die Offenbarungsreligionen die Menschheit in die Irre führen und letztlich schlecht begründete, mitunter autoritäre soziale Einstellungen, Grenzen und Wertungen vermitteln. Ich trete daher für eine weitere Säkularisierung der sozialen Gemeinschaften des Menschen ein.

21. Die empirischen Wissenschaften und die Philosophie des kritischen Rationalismus (später des Positivismus) wurden erst möglich, nachdem sich die europäischen Kulturen nach Jahrhunderten der christlichen Indoktrinierung (siehe Scholastik, Hexenverfolgung) und des Absolutismus auf die Denkweisen der hellenistischen Kultur zurück besonnen hatten: das Zeitalter der Renaissance mündete in das Zeitalter der Aufklärung. Die Aufklärung (engl. 'Enlightment') schuf die Basis für das Entstehen einer analytischen und produktiven Betrachtungsweise der Welt. Erst in einer von religiösen Dogmen, übermächtigen Heritagen und irrationalen Ängsten befreiten Kultur wird eine analytische und objektivierte Betrachtungsweise der Welt möglich.

Ich bin daher gegen alle apodiktischen Wahrheiten und dogmatischen Betrachtungsweisen der Welt.

Das Wesen der Welt in der wir leben können wir zwar näherungsweise ergründen und beschreiben; ganz und exakt bestimmen sollten wir es aber nie, weil wir keine perfekten Wesen sind und damit auch über eine fehlerhafte Wahrnehmung und Vorstellungskraft verfügen. Das Universum ist daher geheimnisvoll und unergründlich; zumindest wird es das für uns Menschen aufgrund unserer mentalen und geistigen Konstitution immer bleiben.

22. Ich glaube, daß die Information im Universum (d.h. der Informationsgehalt kybernetischer Strukturen, aber auch deren Schicksale) über transzendente Eigenschaften verfügt und sich somit Ereignisse und Daten in unserer Welt in anderen Welten - auch zeitlich versetzt - abbilden lassen (und umgekehrt). Der geniale griechische Philosoph Platon (427-347 v.Chr.) entwickelte ähnliche Vorstellungen in seiner sog. Ideenlehre.

Es könnte daher durchaus im Universum künstliche (Turing-Maschinen) oder natürliche Umgebungen geben, in denen sich kybernetische Strukturen die in der Vergangenheit des Universums existierten, emulieren lassen. Ich halte daher eine Existenz nach dem Tode für möglich. Ich denke nicht, daß wir wieder als menschliche Wesen auferstehen werden, sondern als Mitglieder einer anderen, abstrakteren ausserirdischen Lebensform. Keine Religion der Menschheit kann ein Copyright auf die Idee einer Existenz nach dem Tode für sich reklamieren.

23. Die Welt des Menschen ist aufgrund der geschilderten humanen Eigenschaften kein Ort, an dem man sich besonders sicher oder geborgen fühlen könnte. Aus den heritagebasierten Religionen und Weltanschauungen hat die Menschheit in den seltensten Fällen einen echten Nutzen gezogen; sehr häufig aber haben diese großes soziales Unrecht hervorgerufen und waren die Grundlage für endlose (Glaubens-) Kriege. Ihre heiligen Schriften sind menschlichen und nicht göttlichen Ursprungs. Sie wurden größtenteils auch nicht göttlich inspiriert sondern sind aus den Wünschen, sozialen Normen und Vorstellungen ihrer Autoren und Ursprungskulturen entstanden. Ihre Grundlagen liegen oft in einer fernen antiken Zeit.

Die Inhalte und Aussagen der Religionen und Weltanschauungen der Menschheit werden von ihren Anhängern nicht selten mit größter Verbohrtheit verteidigt und durchgesetzt. Diese häufig anzutreffende ideologische Verbohrtheit hat ihre letzte Ursache in der defizitären Organisation des menschlichen Bewußtseins, einer Erziehung zur (religiösen, sozialen oder kulturellen) Intoleranz, der Unzufriedenheit der Menschen über ihre soziale Situation und die Bitternis unserer menschlichen Existenz im allgemeinen. Unsere Spezies hat zudem einen fatalen Hang zur geistigen Despotie. Wir sollten daher in Zukunft verhindern, daß heritagegestützte Religionen oder Weltanschauungen ein Zuviel an sozialer Macht erhalten.

Viele Grüße

Bernd Walther







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